Das Ziegenproblem

Das Spiel mit den Ziegen

Wir haben es hier mit einem typischen Spielshow-Format zu tun. Das Set sieht so aus: der Spieler, der Moderator, drei Tore. Hinter einem der drei Tore befindet sich ein begehrenswerter Preis, hinter den anderen zwei Toren ist jeweils eine Ziege (welche Nieten symbolisieren – also nicht als Preis mitnehmbar sind). Der Spieler weiß nicht, hinter welchem Tor der Preis ist.

Die Spielprozedur ist zweistufig: zunächst muss der Spieler ein Tor wählen (hinter welchem er den Preis vermutet bzw. rät). Der Moderator jedoch öffnet jetzt das vom Spieler gewählte Tor noch nicht, sondern er leitet die zweite Stufe ein. Statt das Spiel mit der ersten Spielerwahl zu beenden, öffnet er eines der beiden anderen Tore, hinter welchem sich eine Ziege befindet. Nun fragt er den Spieler, ob dieser bei seiner anfänglichen Torwahl bleiben möchte – oder ob er sich für das andere verbliebene geschlossene Tor entscheidet.

Das Problem mit der Entscheidung

Das Problem, welches sich auch als statistische Fragestellung auffassen lässt, ist die Wahl einer Entscheidung, welche die Gewinnchance des Spielers maximiert. Intuitiv könnte man meinen, dass es hier nur eine maximierende Strategie gibt, weil die Situation auf der zweiten Spielstufe immer identisch ist: der Spieler muss sich zwischen zwei Toren entscheiden – hinter einem von beiden ist der Preis, hinter dem anderen die Ziege. Demzufolge ist die Chancenverteilung 50:50. Somit müsste der rationale Spieler das zu öffnende Tor zufällig auswählen (Strategie R). Die Gewinnchance mit Strategie R ist 50%.

Allerdings kann die Entscheidungsfrage anders formuliert werden, nämlich ob der Spieler bei seiner ersten Wahl bleiben (Strategie H) oder sich umentscheiden (Strategie C) sollte. Nun ist diese Umentscheidungs-Frage aber nicht eine bloße Umformulierung der Frage nach der Torwahl, sondern gleichsam eine andere – und zwar erweiterte – Perspektive auf die Situation der zweiten Spielstufe; letztlich handelt es sich um eine andere Frage.

Die Erweiterung der Perspektive besteht darin, Informationen aus der ersten Spielstufe zu berücksichtigen. Die relevante Frage dabei ist, wie hoch die Chance war, dass der Spieler bei seiner ersten (zufälligen) Wahl das Tor mit dem Preis getroffen (Situation T) hat. Die Antwort darauf: 33%. Mithin war die Wahrscheinlichkeit, mit der ersten Torwahl eine Ziege zu treffen (Situation F): 67%. Geht der Spieler auf der zweiten Spielstufe nach Strategie H vor, dann wird er in Situation T den Preis erhalten, aber in Situation F eine Ziege. Damit ist die Gewinnchance mit Strategie H gleich der Wahrscheinlichkeit von Situation T: 33%. Wählt der Spieler jedoch Strategie C, dann wird er den Preis in Situation F gewinnen, aber in Situation T verlieren. Daraus ergibt sich die Gewinnchance mit Strategie C durch die Wahrscheinlichkeit von Situation F: 67%. Strategie C maximiert die Gewinnchance.

Vor diesem Hintergrund kann die mit Strategie R assoziierte Entscheidung des Spielers reformuliert werden: der Spieler entscheidet sich zufällig zwischen Strategie H und Strategie C, wobei Strategie H in 33% der Situationen (T) erfolgreich ist – Strategie C aber in 67% der Fälle (F) zum Erfolg führt. Mit anderen Worten: in 50% der Fälle wird der Spieler mit 33% Wahrscheinlichkeit erfolgreich sein, in den anderen 50% der Fälle wird der Spieler mit 67% Wahrscheinlichkeit den Preis gewinnen. Daraus ergibt sich dann also eine mittlere Erfolgswahrscheinlichkeit von 50% bei Strategie R.

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