COVID-19 Todesfälle

Direkte und indirekte Todesfälle

Die Ermittlung der direkten, d.h. durch Sars-CoV-2 unmittelbar verursachten Todesfälle ist eine medizinische Angelegenheit. Es muss allerdings davon ausgegangen werden, dass es neben den direkten Todesfällen auch zu indirekten Todesfällen kommt: z.B., weil in Krankenhäusern die COVID-19-Behandlung Ressourcen (wie Intensivbetten und Personal) bindet, welche für andere medizinische Belange nunmehr nicht verfügbar sind. Operationen fallen aus bzw. werden verschoben. Zudem gibt es Hinweise auf Komorbiditäten, d.h. auf Todesfälle, die auf eine Vor- oder Begleiterkrankung zurückgeführt werden können.

Die Diskussion über COVID-19 assoziierte Todesfälle sollte also nicht lediglich die direkten, sondern auch die indirekten Todesfälle in den Blick nehmen. Jedoch besteht dabei das Problem, dass die mit COVID-19 assoziierten Todesfälle – insbesondere die indirekten – nicht unmittelbar bestimmt werden können. Allerdings können für einen bestimmten Zeitraum die gesamten Todesfälle leicht bestimmt werden, was eine statistische Schätzung der Todesfälle mit COVID-19-Bezug ermöglicht. Der Schlüssel dafür liegt in einer anderen statistischen Schätzung: nämlich derjenigen Todesfälle ohne COVID-19-Bezug. Todesfälle ohne COVID-19-Bezug können auf einem langjährigen Trend basierend geschätzt werden.

Sind also für das Jahr 2020 die gesamten Todesfälle gezählt und die Todesfälle ohne COVID-19-Bezug geschätzt, dann ergibt sich die Zahl der Todesfälle mit COVID-19-Bezug aus der Übersterblichkeit:

Todesfälle gesamt = Todesfälle ohne COVID-19-Bezug + direkte Todesfälle + indirekte Todesfälle

Todesfälle mit COVID-19-Bezug = Todesfälle insgesamt – Todesfälle ohne COVID-19-Bezug

Die Ermittlung der Anzahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der üblichen Influenza erfolgt ebenso durch Schätzung auf Grundlage der Übersterblichkeit – allerdings mit ‚grippefreien‘ Monaten als Referenz.

Schätzung der Todesfälle ohne COVID-19-Bezug

Durch das Eintreten indirekter COVID-19-Todesfälle kann die COVID-19-bereinigte Sterblichkeit nicht unmittelbar bestimmt werden. D.h. wir wissen nicht, wie viele Personen ohne COVID-19 gestorben wären – aber diese Anzahl kann geschätzt werden. Die Basis für diese Schätzung ist der langjährige Trend der Sterblichkeit. Demnach kann für das laufende Jahr 2020 in Deutschland eine COVID-19-bereinigte Sterbequote von 1.168 Prozent (der Gesamtbevölkerung) prognostiziert werden.

Datenquelle Todesfälle 1946-2018: Destatis (2020)

Schätzung der COVID-19-Todesfälle

Insofern die prognostizierte COVID-19-bereinigte Sterbequote auf einer Schätzung beruht, ist sie fehlerbehaftet. Das ist bei statistischen Schätzungen immer so: eine Abwägung zwischen der Genauigkeit der Schätzung einerseits, und dem Risiko, nicht zuzutreffen, andererseits. Statistische Schätzfehler lassen sich aber quantifizieren, die prognostizierte COVID-19-bereinigte Sterbequote entsprechend korrigieren.

Von den vielen Varianten einer derartigen Korrektur soll die simpelste hier präsentiert werden. Demnach liegt die nach oben korrigierte prognostizierte COVID-19-bereinigte Sterbequote bei ~p=0.01191, also 1.191 Prozent. Nach dieser Korrektur erwarten wir, dass die Todesfälle ohne COVID-19-Bezug 2020 bei maximal 1.191 Prozent der Gesamtbevölkerung in Deutschland liegt.

Bei einer angenommenen Populationsgröße von N=82 980 000 (vgl. Destatis, 2020) beträgt das geschätzte Maximum der Todesfälle ohne COVID-19-Bezug ~n≈988 292. Sei n0 die noch unbekannte Gesamtzahl der Todesfälle für das Jahr 2020: die Schätzung der Anzahl der COVID-19-Todesfälle beträgt dann ^nCOV=n0~n.

Folgende Punkte sollten abschließend beachtet werden:

  1. Die hier präsentierte Schätzung ist so angelegt, dass die COVID-19-Todesfälle eher unterschätzt werden, weil die COVID-19-bereinigte Sterbequote eher überschätzt wird. D.h. hinsichtlich des Schätzfehlers ist hier die Reduzierung des Fehlerrisikos stärker gewichtet als die Genauigkeit der Schätzung. Konkret heißt das, dass bei Vorliegen von COVID-19-Todesfällen ^nCOV≤0 sein kann.
  2. Die Schätzung der absoluten Anzahl der COVID-19-Todesfälle ^nCOV ist unsicherer als die Schätzung des entsprechenden Anteils ^pCOV=p0~p, insofern die Populationsgröße N derzeit unbekannt und mithin hier ebenfalls lediglich ein Schätzwert verwendet wird.
  3. Die Höhe der COVID-19-Todesfälle sagt zunächst nichts über die Gefährlichkeit von Sars-CoV-2 aus. Es werden Maßnahmen getroffen, um einerseits die Sterblichkeit in Verbindung mit COVID-19 möglichst zu minimieren, andererseits die Zahl der Infektionen zu reduzieren. Daher wissen wir nicht, wie viele COVID-19-Todesfälle wir ohne diese Maßnahmen zu erwarten hätten.
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